
Die Initiative KETAAKETI präsentiert ihre Arbeit in den Stadtteilfilialen Neustadt und Horn-Lehe
Fotoausstellung „Selbstbestimmte Wege aus der Armut – weltweit“
Termine: Ausstellungen und Vortrag
Interview mit Anneli-Sofia Räcker
Ohne großes Engagement wäre die Arbeit von KETAAKETI nicht möglich. Alle Mitarbeitenden der Initiative arbeiten beispielsweise ehrenamtlich, sodass jede Spende vollständig den Projekten zugutekommt. Diese Transparenz und Effizienz wurde 2008 mit dem Nachhaltigkeitspreis der UNESCO und zahlreichen weiteren Auszeichnungen gewürdigt. Gründerin Anneli-Sofia Räcker erhielt 2019 für ihre Verdienste das Bundesverdienstkreuz. Im Gespräch mit SPOT verrät sie, was sie bis heute motiviert.
Was war Ihre Motivation für die Gründung von KETAAKETI – und warum engagieren Sie sich bis heute so leidenschaftlich für die Organisation?

Anneli-Sofia Räcker: Es gibt eigentlich zwei Motivationen. Die erste kommt aus meiner Biografie: Mein Vater ist in einem Indio-Dorf in Kolumbien aufgewachsen. Dadurch erfuhr ich ganz früh sehr hohen Respekt und Wertschätzung auch für wirtschaftlich ärmste Menschen, ihre Kultur und ihr traditionelles Wissen. Die zweite Motivation, die den Ausschlag für die Gründung von KETAAKETI gab, war meine Begegnung in 2006 mit unserem NGO-Leiter Rajesh Regmi. Durch ihn wurde mir die Bedeutung der Eigeninitiative für Unterprivilegierte im eigenen Land, also in diesem Fall Nepal, noch deutlicher. Er setzt sich dort für die Bildung von Slumkindern und das Heranwachsen kultureller Identität dieser Kinder ein. Dies ist sehr wichtig für die Zukunft vor allem der Mädchen im Slum.
Ich setze mich bis heute voller Leidenschaft für KETAAKETI ein, weil nur ein generelles Umdenken weg vom Geber-Nehmer-Denken in Richtung globaler Gesamtverantwortung für wirklich alle etwas verändern kann. Diese Haltung ist meines Erachtens für das Überleben aller Menschen und für ein friedvolles und respektvolles Miteinander in der Welt unbedingt nötig.
„Ich treffe Frauen, die zunächst einfach nur um Geld bitten – dann aber lernen, dass ihr eigenes Engagement gefragt ist.“
Welche Erfahrungen und Erinnerungen, die Sie bei Ihrer Arbeit vor Ort gesammelt haben, sind Ihnen besonders nachhaltig im Gedächtnis geblieben?

Das war zum einen die Begegnung mit der kleinen Shermila in Nepal, die bettelte, um sich ein Wörterbuch kaufen zu können. Natürlich ging ich mit ihr dieses Wörterbuch kaufen und erfuhr dabei, wie wenig in Nepal Bildung kostet – nach westlichen Maßstäben.
Eine weitere einschneidende Erfahrung ist für mich das Erdbeben in Nepal. Dort fiel auf, dass auch viele große Organisationen an ihre Grenzen kamen, weil beispielsweise die Hilfe für Verschüttete in sehr abgelegenen Dörfern dann doch in den Händen der Menschen vor Ort liegen musste.
Weiterhin sind dies die wiederkehrenden Diskussionen mit wirtschaftlich ärmsten Frauen, die zunächst einfach nur um Geld bitten – dann aber lernen, dass ihr eigenes Engagement gefragt ist. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie diese Frauen plötzlich aufspringen und erkennen, dass sie auf Grundlage eigener Initiative und Ideen wertvolle Unterstützung durch KETAAKETI zum Aufbau einer lebenswerten Zukunft erhalten, die nachhaltig wirkt.
„Wir sind ja Gewinner!“
Was war für Sie persönlich das schönste Erfolgserlebnis, das Sie im Rahmen Ihrer Arbeit bei KETAAKETI erlebt haben?
Wir waren erst kürzlich in Guinea und trafen dort auf junge Männer, die ihre Flucht nach Europa nicht geschafft hatten und sich selbst frustriert als Verlierer bezeichneten. Nach einiger Zeit der Diskussion mit uns merkten sie, welche wichtigen Kompetenzen sie die Flucht überleben ließen – und wie wichtig diese Kompetenzen für Jungunternehmer sind. Sie schrien freudig auf: „Wir sind ja Gewinner!“ Sie erkannten für sich, dass sie gar nicht diesen Weg nach Europa machen müssen, sondern sich nun vielmehr in Guinea eine lebenswerte Heimat aufbauen wollen. Und dazu bietet das Mikrofinanzierungsmodell von KETAAKETI eine sehr gute Chance.
Ein weiterer schöner Erfolg ist ein Gespräch mit Yembeh, dem Leiter unserer Partner-NGO in Sierra Leone. Der sagte einmal zu mir: „Anneli, du gibst mir die Kraft für all diese harte Arbeit in Sierra Leone!“
Mehr Infos über die Arbeit der Initiative und die Ausstellung gibt es unter www.ketaaketi.de.
Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.