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Eine Frau schaut nachdenklich, während im Hintergrund ein genervter Mann steht als Symbolbild für Demenz-Informations- und Koordinationsstelle Bremen DIKS
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Vereine in Bremen: Demenz-Informations- und Koordinationsstelle

DIKS bietet Beratung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen

Eine Demenz-Erkrankung ist ein großer Einschnitt für Betroffene und ihre Angehörigen. Doch auch mit Demenz ist ein gutes Leben möglich. Wichtig ist es, Hilfen und Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Die Demenz-Informations- und Koordinationsstelle Bremen DIKS unterstützt Erkrankte und ihre Angehörigen mit Beratung, Selbsthilfegruppen und dem ehrenamtlichen Telefondienst Help-Line. SPOT sprach mit der Gründerin und Leiterin der Demenz-Beratungsstelle DIKS, Tanja Meier, über die Sorgen und Möglichkeiten Betroffener.


Tanja Meier, Leiterin der Demenz-Informations- und Koordinationsstelle DIKS steht in einer geöffneten Bürotür
Tanja Meier leitet die Beratungsstelle für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen der DIKS. Kristina Bumb

Welche Aufgaben hat die DIKS?

Tanja Meier: Wir beraten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen – auch wenn die Diagnose noch nicht ganz klar ist, aber ein Verdacht auf Demenz besteht. Personen aus der Nachbarschaft und dem Freundeskreis sowie manchmal auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Zusätzlich beraten wir Einrichtungen für Menschen mit Demenz im Bereich der Altenhilfe oder der Behindertenhilfe.

Ein weiteres Hauptaufgabenfeld ist die Vernetzung aller Angebote für Personen mit Demenz, die es in der Stadt Bremen gibt. Unsere dritte Aufgabe ist es, Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Denn zum einen gibt es einen riesigen und noch wachsenden Bedarf an Hilfen für Betroffene. Zum anderen ist die Vorstellung, die man sich von Erkrankten macht, oft zu eng gefasst. Viele haben immer noch das Bild von Menschen im hohen Alter vor Augen, die gänzlich hilflos sind und niemanden mehr erkennen. Dabei hat Demenz verschiedene Ausprägungsformen und betrifft ebenso Menschen jüngeren Alters. Zu uns kommen auch Personen zwischen 50 und 60 Jahren, die voll berufstätig sind und Kinder erziehen.


„Die veränderten Lebensumstände betreffen viele Bereiche.“


Wie viele Beratungen führt Ihr Team im Jahr durch?

Wir betreuen zwischen 550 und 600 Klientinnen und Klienten im Jahr. Die konkreten Kontaktzahlen sind noch wesentlich höher. Manche Ratsuchenden melden sich nur einmalig und brauchen Informationen. Aber viel häufiger begleiten wir die Betroffenen über Jahre hinweg mit mehreren Beratungsgesprächen pro Jahr.

Wer zu uns kommen möchte, vereinbart einen Termin, und wir nehmen uns dann eine Stunde Zeit. So lange braucht man auch, weil die veränderten Lebensumstände so viele Bereiche betreffen. Mit nur einer oder zwei Fragen ist es nicht getan. Das macht auch einen Hauptunterschied der demenzspezifischen Beratung zur reinen Pflegeberatung aus. Wir informieren nicht nur zu Leistungen der Pflegekassen, sondern es geht in unseren Gesprächen oft um wirklich tiefe Themen.


„Ein gutes Leben mit Demenz ist möglich. Man kann viel tun, damit eine positive Lebensqualität lange bestehen bleibt.“


Mit welchen Fragen und Emotionen kommen die Demenz-Kranken und ihre Angehörigen zu Ihnen in die Beratung?

Blick in einen Beratungsraum und auf Flyer der Demenz-Informations- und Koordinationsstelle Bremen DIKS
Für die Beratung von Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen stehen Räume in der Bremer Innenstadt zur Verfügung. Kristina Bumb

Demenz ist für alle, die damit zu tun haben, eine ziemlich große Herausforderung. Es ist quasi ein riesiger Blumenstrauß an Problemen, den alle Betroffenen mit sich herumtragen müssen. Sie leiden zum Beispiel unter Ängsten und häufig auch unter depressiven Phasen – die Angehörigen übrigens genauso. Viele alltagspraktische Fragen stellen sich plötzlich, zum Beispiel: Was mache ich, wenn sich meine Mutter nicht mehr an das erinnert, was wir gerade eben besprochen haben? Wie binden wir Pflegedienstleistungen am besten ein, obwohl mein Vater keine Fremden im Haus haben will? Mein Ehemann will nicht zur Tagespflege gehen – wie können wir das trotzdem umsetzen? Es geht auch um Themen wie das Autofahren oder Sexualität in der Partnerschaft.

Die wenigsten demenziell erkrankten Menschen haben übrigens eine Krankheitseinsicht. In ihren Augen verändern sie sich nicht, sondern die Angehörigen machen plötzlich seltsame Sachen. Es kann dabei auch zu aggressivem Verhalten kommen. Wie gehe ich damit um, wenn meine Ehefrau mich plötzlich beschuldigt, ihr Portemonnaie geklaut zu haben? Bei Demenz können sich auch Freundinnen und Freunde zurückziehen. Wie geht man dann mit zunehmender Einsamkeit um?

Oder es gibt Streitigkeiten innerhalb der Familie, weil es unterschiedliche Ansichten zu der Erkrankung und den möglichen Maßnahmen gibt. Manchmal können die Ehepartner langsamer akzeptieren, dass da eine Erkrankung ist, als die Kinder. Vom Kopf her versteht man es, aber es dauert, bis das Herz auch sagt: Okay, es ist wirklich Demenz.

Bei all diesen Problematiken versuchen wir, Antworten und Anregungen zu geben. Denn ein gutes Leben mit Demenz ist möglich. Man selbst und das Umfeld kann viel tun, damit eine positive Lebensqualität lange bestehen bleibt.


„Unsere Help-Liner tragen die Betroffenen manchmal durch ihre schwerste Zeit.“


DIKS bietet auch drei Selbsthilfegruppen namens „Anti-Dementi“ an. Für wen sind die Treffen geeignet?

Unsere Selbsthilfegruppen sind vor allem für Menschen mit beginnender Demenz und Angehörige gedacht. Menschen mit der Diagnose sprechen in der Selbsthilfegruppe zum Beispiel darüber: Wie geht es mir gerade? Was raubt mir die Kraft, was gibt mir Kraft? Wie gehe ich mit der Diagnose um? Wie geht meine Familie damit um? Ein Teilnehmer hat einmal gesagt, die Gespräche wären wie Medizin für ihn. Durch den Austausch mit anderen Demenzkranken werden viele wieder mutiger. Manche unternehmen auch gemeinsam etwas in der Freizeit. Die Familien treffen sich separat in Angehörigengruppen. Dort können sie offen über Themen sprechen, die Personen, die keine Berührung mit Demenz haben, nicht verstehen.

Ein älterer Mann telefoniert und lächelt
Die Telefonberatung Help-Line begleitet Betroffene und Angehörige auf Wunsch über Jahre hinweg. Freepik

Ihr drittes Angebot ist die Help-Line, ein ehrenamtlicher Telefondienst.

Wir haben aktuell sechs Ehrenamtliche und zwei Koordinatoren, die die Help-Line betreiben. Das Angebot des Telefondienstes ist kostenlos. Pflegende Angehörige und ältere Menschen können dort zum Ortstarif anrufen. Sie können dann alles besprechen, was sie bewegt, und sich zu Demenz beraten lassen. Auch Fragen zum Thema Einsamkeit sind oft wichtig.

Darüber hinaus bietet die Help-Line eine kostenlose telefonische Gesprächsbegleitung an. Wenn es gewünscht wird, rufen unsere Ehrenamtlichen regelmäßig an – zum Beispiel einmal pro Woche oder alle 14 Tage. Dabei geht es nicht nur darum, zu schauen, ob die Menschen Fortschritte machen. Sondern es ruft einfach mal jemand an und fragt: „Wie geht es ihnen eigentlich, Frau Müller? Wie war Ihre Woche? Haben Sie Kontakt zu anderen Menschen gehabt?“ Unsere Ehrenamtlichen werden so zu Bezugspersonen, die verlässlich regelmäßig anrufen. Die Klientinnen und Klienten werden teilweise über Jahre begleitet. So entstehen sehr innige Gespräche und wunderbare Verbindungen. Unsere Help-Liner tragen die Betroffenen und Angehörigen manchmal so durch ihre schwerste Zeit.


„Es ist wichtig, sich frühzeitig zu kümmern, sich zu informieren und ein Sicherungsnetz aufzubauen.“


Gibt es noch ähnliche Demenzberatungsstellen wie die DIKS in Bremen?

Leider nicht. Wir sagen seit Jahren, dass der Beratungsbedarf stetig steigt und wir eigentlich unsere Beratungskapazitäten ausbauen müssten. Aber bisher konnten wir das finanziell nicht stemmen. Wir sind ein Verein und finanzieren uns neben vereinzelten Spenden überwiegend über Zuschüsse der Stadt Bremen.

Unsere Beratungskapazitäten reichen also nicht für den steigenden Bedarf aus, und gleichzeitig verschlechtert sich die Versorgungssituation in der Pflege enorm. Dadurch wächst der Druck auf die Angehörigen, die die Pflege übernehmen müssen. Aber das ist eine riesige Herausforderung für sie. Wir haben manchmal verzweifelte Personen am Telefon, die sagen: Ich kann nicht mehr, ich brauche sofort einen Pflegeheimplatz für einen Menschen mit Demenz in meiner Obhut. Aber das kann man vergessen. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig zu kümmern, sich zu informieren und ein Sicherungsnetz aufzubauen – damit es eben nicht zu einem solchen Zusammenbruch kommt.

Kontakt

  • Die Demenz-Informations- und Koordinationsstelle DIKS ist in der Innenstadt an der Sögestraße 55/57, 28195 Bremen ansässig.
  • Für eine persönliche Beratung oder das Abholen von Informationsmaterial vor Ort ist eine Terminvereinbarung per Telefon unter 0421 / 98 99 52 99 oder E-Mail an info@diks-bremen.de nötig. Die Demenz-Beratungsstelle ist montags bis donnerstag von 9.30 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr sowie freitags von 10 bis 13 Uhr zu erreichen. Freitagvormittag und an den Nachmittag nimmt die Help-Line Anrufe entgegen.
  • Die Help-Line ist zum Ortstarif von Montag bis Donnerstag 14 bis 17 Uhr sowie Freitag von 10 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 0421 / 98 99 52 80 erreichbar. Die Beratung ist kostenlos.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Themenspecials „Vereine in Bremen“. Sind Sie interessiert an mehr Artikeln dieser Art? Schauen Sie sich unsere Sammlung von Beiträgen rund ums Thema an.

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Von Kristina Bumb

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